Hybride Beratung – 5 Strategien für Ihren Erfolg als Berater

Was im Kern für den Kunden und den Berater viele Vorteile bringen sollte, gestaltet sich in der täglichen Praxis oft eher realitätsfern.  

Selbst Unternehmen, die für ihre Berater und Vertriebler eigens verkäuferische Unterstützungen haben anfertigen lassen, stellen oft fest, dass diese von ihrem Team kaum praktisch anwendbar sind. Was theoretisch eine lobenswerte Hilfestellung sein sollte, wird üblicherweise von Profis im Verkaufen über Videokonferenzen, vielleicht sogar noch im Tandem mit IT-Experten, entwickelt und übersteigt meistens das Know-How der eigenen Mannschaft maßgeblich. 

Wenn diese (teilweise vorgegebenen) Verkaufsprozesse dann als Grundlage für die Videoberatung verwendet werden sollen, sind Akzeptanzprobleme sowohl seitens der Kunden als auch des Beraters absehbar: Was den Kunden langweilt, überfordert den Berater, der die dringend gebrauchte Kundennähe über Videokonferenzen oder das Telefon kaum noch aufbauen kann.  

Was den Onlinekanal betrifft, so zeigt sich teilweise ein Umdenken. Immer mehr Abschlussstrecken werden stringent nach dem Credo „möglichst viele Kunden mit hochwertigen Produktlösungen zum Abschluss führen“ optimiert. Was banal klingt, ist zum Beispiel für die Versicherungsbranche tatsächlich weitestgehend neu, denn bis dato wurden Aufmerksamkeit und Kaufmotivation online am ehesten über den Preis erzeugt. Mal mehr und mal weniger stark unterstützt von Argumentationsketten, die in ihrer Ausführlichkeit, Detailtiefe und Darstellung nie für den Onlinekanal entwickelt wurden und so den Kunden schnell überfordern. 

Zu viel Ratio und kaum Emotionen 

Ansätze, die Vertrauen in Prozess und Angebot schaffen, Flexibilität darstellen ohne zu verwirren, persönliche Bezüge herstellen und „Simplicity“ in den Mittelpunkt rücken sind daher tatsächlich vielversprechendes Neuland. Aber: Für die Videoberatung sind auch weiterentwickelte erklärende Videos absolut ungeeignet, da sie für den Selfservice entwickelt sind. Sie zum Kernstück der persönlich-digitalen Beratung zu machen wäre fatal. Denn einerseits machen sie den persönlichen Berater weitestgehend obsolet, gleichzeitig befriedigen sie das Bedürfnis vieler Kunden nach einem persönlichen Ansprechpartner nicht. 

Zu viel Ratio, kaum Emotionen und zu wenig Verkaufspsychologie sind Themen, die kanalunabhängig anzugehen sind. Ebenso wie die automatische Sicherstellung der Compliance, ohne dass Prozesse dadurch ins Stocken geraten. In der persönlichen bzw. persönlich-digitalen Beratung wird es so immer mehr zum Erfolgsfaktor, eher unerfahrene Vertriebler und Berater zu unterstützen und weiterzubilden.  

Digitale Tools bieten die Möglichkeit, die Kniffe erfahrener Berater direkt einzubinden und visuell zu unterstützen. Das kann die argumentative Verknüpfung zu bestehenden Produkten sein, die Übersetzung der abstrakten Geldbeträge in passende Bilderwelten, der geschickte Umgang mit Rabatten oder ganz einfach die Vereinbarung des nächsten Gesprächs. Bei diesem Aspekt kommt bei der persönlich-digitalen Beratung noch mehr Bedeutung hinzu, denn wo die physische Präsenz hilft, kleine Stolperer zu überspielen, gerät die digitale Unterhaltung viel schneller ins Stocken. 

Art des Auftretens ebenso entscheidend wie Abwechslung  

Videoberatung muss folglich passend entwickelt werden, auch weil Videokonferenzen kein Telefonat mit Bild sind – sich aber eben auch nicht ganz mit einem Treffen in Person vergleichen lassen. Untersuchungen wie sie bspw. das Fraunhofer Institut durchgeführt hat, zeigen, dass mit Videounterstützung intensivere Diskussionen stattfinden als in Telefonaten und sich die Teilnehmer zufriedener und besser eingebunden fühlen. 

Forschungen in den USA zu diesem Thema fanden heraus, dass in Videokonferenzen das persönliche Auftreten des Moderators eine entscheidende Rolle spielt, während in persönlichen Gesprächen die Argumente stärker ins Gewicht fallen. Zudem konnte belegt werden, dass es anstrengender ist, Informationen aus einer Videokonferenz zu verarbeiten als wenn diese in einem persönlichen Gespräch mitgeteilt werden. 

Das bedeutet: Erfolgreiche Beratung per Videokonferenz braucht gut strukturierte Verkaufsprozesse mit aktiven Diskussionen ohne das Verlieren in Kleinteiligkeit. Die Art des Auftretens des Beraters ist dabei ebenso entscheidend wie Abwechslung, um den Kunden interessiert am Gespräch zu halten. Daraus leiten sich drei Erfolgsfaktoren ab: 

Persönliche Atmosphäre schaffen  

Jeder kennt und schätzt sie: Die Tasse Kaffee, die vor dem Gesprächseinstieg typischerweise angeboten wird. Sie ist mehr als eine höfliche Geste, denn selbst das Schenken von Kleinigkeiten schafft auf der Gegenseite Vertrauen und den unterbewussten Wunsch, das Entgegenkommen zu erwidern. Daher gilt es, diese vermeintlich unwichtigen Details in die digitale Kommunikation zu übersetzen, z.B. in dem das Gespräch standardmäßig mit einer individuell angepassten, positiven Nachricht an den Kunden gestartet wird. 

Sehr bewusst sollte über die Nutzung des Bildschirms nachgedacht werden: Wichtig sind einerseits Phasen, in denen sich die Teilnehmer ausschließlich gegenseitig sehen, insbesondere zu Beginn und am Ende des Gesprächs, um eine persönliche Verbindung und Vertrauen zu schaffen. Andererseits sollte der Berater sich und seinem Kunden auch ein gemeinsames Arbeitsfenster zur Verfügung stellen, so dass beide ähnlich der Situation in den Geschäftsstellen „auf einen gemeinsamen Bildschirm“ sehen. Hier bestehen zahlreiche Möglichkeiten der Feinoptimierung. Ideal ist es, wenn der Berater die Bildschirmaufteilung, d.h. Kamerabild vs. Arbeitsfenster für beide Teilnehmer wählen und während des Gesprächs flexibel anpassen kann. Zudem besteht die Möglichkeit, dass Berater und Kunde zwar grundsätzlich identische Inhalte sehen, dem Berater aber zusätzliche Hinweise und Funktionen angeboten werden. Auf diese Weise können bewährte Kniffe der Verkaufsprofis, einfach und systematisch auch weniger erfahrenen Beratern zur Verfügung gestellt werden. 

Informationen eingängig aufbereiten 

Das bedeutet vor allem: Monologe meiden. Das persönliche Beratungsgespräch weist in seinem typischen Verlauf insbesondere zwei ausführliche Redeanteile des Berater auf: zu Beginn, um die Thematik einzuleiten und im Verlauf zur Erläuterung des Produkts. Beides kann deutlich aufgelockert werden, in dem z.B. zum Einstieg relevante Beispiele anderer Kunden anhand von kurzen filmischen Testimonials vorgestellt werden. Eingängige Produkterläuterungen entstehen, wenn das gesprochene Wort visuell unterstützt wird z.B. mit dynamischen Diagrammen oder mit erklärenden Videos. Ebenfalls aufmerksamkeitsfördernd sind Stilwechsel. So ist bspw. der Legetrick-Stil gut geeignet, um bei komplexeren Sachverhalten den Blick auf das Wesentliche zu lenken. In der Wiederholung wirkt er jedoch schnell langweilig. 

Kunden aktiv einbinden 

Einfache Entscheidungen einzufordern ist die simpelste Art, den Kunden einzubinden ohne ihn zu überfordern. Dafür ist es wichtig, Kundenverhalten und -präferenzen genau zu verstehen. Welche Entscheidungen ihm weitestgehend abgenommen werden können und mit welchen Details sich der Kunde bereitwillig auseinandersetzt, kann je nach Kundensegment stark variieren. Bei der Aufbereitung gelten wiederum einheitliche Standards: Lieber wenige statt viele Optionen zeigen, Text weitestgehend durch Bilder ersetzen, Unterschiede anhand von Symbolen herausarbeiten usw. – die relevanten psychologischen Aspekte sind vielzählig. 

Die Kür liegt in der Entwicklung vom „joint-viewing“ hin zum „joint-editing“, d.h. der Kunde hat die Möglichkeit selbst zu klicken, zu verändern, an- und abzuwählen. Geschickt eingesetzt, lässt sich auf diese Art wirkungsvoll verhindern, dass der Kunde sich von seiner Umgebung ablenken lässt. Insbesondere das Risiko der „Störquelle 2nd screen“, etwa dem Handy, wird minimiert. Nach einer ersten Produktvorstellung könnte der Berater z.B. die Frage stellen „Was schätzen Sie, was dieser Schutz für Sie monatlich kosten würde? Steht der Schieberegler richtig, oder möchten Sie ihn verstellen?“ Der Kunde wird an dieser Stelle gedanklich voll involviert, gleichzeitig kann bei smarter Konzeption der psychologische Effekt eines hohen Preisankers und einer positiven Überraschung genutzt werden. 

Vom Kunden lernen 

In jedem Beratungsgespräch liefern Kunden eine Vielzahl wertvoller Informationen. Diese können individueller, segmentspezifischer oder übergreifender Natur sein, wie z.B. die anstehende Hochzeit, die tendenziell geringe Bereitschaft gutverdienender Kunden, geringe Risiken in den eigenen Schutz einzuschließen oder die Wirkung psychologischer Preisschwellen. „Data Excellence“ meint hier die automatische Speicherung, Weiterleitung und Auswertung aller frei zugänglichen Daten, um einerseits prozessual ständig besser und andererseits in der individuellen Kundenansprache immer zugeschnittener zu werden. Der Einsatz von digitalen Tools im Rahmen der persönlichen Beratung bieten hier optimale Möglichkeiten. 

Was ist jetzt wichtig? Agil entwickeln, schnell und flexibel implementieren! Keine Hast, kein Aktionismus aber gleichzeitig die Einsicht, dass die Wertschaffung von neuen Methoden und Werkzeugen im Vorhinein nie 100%ig bewiesen werden kann. Daher gilt auch: Eine breite Unterstützung besonders im Vertrieb ist wichtig, aber jede Einzelheit mit vielen Beteiligten diskutieren bringt nichts – ohne es gemacht zu haben, weiß niemand mit Sicherheit wie es richtig geht. Besser ist es, schnell zu starten, Sicherheit und Erfahrung in den Prozess zu bringen und flexibel genug zu bleiben, um einerseits kontinuierlich besser zu werden und andererseits Erfolge kurzfristig auch auf andere Bereiche übertragen zu können. 

Gerade jetzt gilt es den Blick nach vorne zu richten und auch die Chancen zu erkennen: Wer auf sich änderndes Kundenverhalten eingehen kann, wird gestärkt aus der Krise hervorgehen. 

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